Ökologische Vernetzung

Mit rund drei Viertel lebt die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung heutzutage in Ballungsräumen. Dementsprechend ist die Gestaltung dieser Räume kritisch für die Gesundheit und Wohlbefinden der in der Schweiz wohnhaften Menschen. Dabei ist ein wichtiger Beitrag zur Lebensqualität des Menschen der leichte Zugang zu ausreichenden Grünflächen.

Mit rund drei Viertel lebt die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung heutzutage in Ballungsräumen. Dementsprechend ist die Gestaltung dieser Räume kritisch für die Gesundheit und Wohlbefinden der in der Schweiz wohnhaften Menschen. Dabei ist ein wichtiger Beitrag zur Lebensqualität des Menschen der leichte Zugang zu ausreichenden Grünflächen. Doch mit einer immer expansiveren Siedlungsentwicklung kommt dieser zusehends unter Druck. Durch dieses rapide Wachstum der Siedlungsflächen führt die Zerschneidung von Lebensräumen von Pflanzen und Tieren zu einem Biodiversitätsverlust, was wiederum zum Artensterben in der Schweiz beiträgt und sich in vielerlei Hinsicht weiter negativ auswirkt.

Deswegen lässt sich der Erhalt von Biodiversität zu den 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen zählen und ist damit auch weltweit von Interesse. Die Schweizer Politik ist bemüht, wieder mehr Biodiversität zu fördern und auf der föderalen Ebene verfolgt sie dieses Ziel mit dem Aktionsplan Biodiversität Schweiz (1). Doch der Bund ist allein nicht in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Es braucht dafür, ganz gemäss dem Prinzip der Subsidiarität, eine Kooperation zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und auch kreativen Initiativen des privaten Sektors.

Auf der Ebene der Gemeinden und der Bürgerinnen und Bürger eröffnen sich viele Möglichkeiten, wie die Biodiversität in der Schweiz im Kleinen gefördert werden kann. Dies geschieht beispielsweise dadurch, dass Personen, die über einen Garten oder andere Grünflächen verfügen und dort ökologisch wertvolle Pflanzen setzen, welche den Tieren als Trittsteinbiotope oder auch als Lebensräume dienen können. Doch können sich Bürgerinnen und Bürger auch an der Urne ihre lokale und regionale Biodiversität fördern. Dies ist beispielsweise bei Abstimmungen über Gemeindewälder, Grünräume oder Schulanlagen der Fall (2).

Vernetzung als Erfolgsfaktor

Besonders innovative Abstimmungsvorlagen über Raumplanung auf Gemeindeebene bieten ein bis anhin unausgeschöpftes Potential. Ein Konzept, welches auf der Ebene der Gemeinden erfolgreich eingesetzt worden ist, ist das der ökologischen Vernetzung. Diese beschreibt dabei die Entstehung von Netzwerken von (kleineren) Naturräumen, in welchen Flora und Fauna gedeihen können. Die ökologische Vernetzung versucht die Zerstückelung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen, welche das Resultat der Zunahme des Siedlungsraums und der Intensivierung der Landwirtschaft im letzten Jahrhundert sind, wieder mehr zu verknüpfen.

Bekannte Beispiele sind Wildtierpassagen über Verkehrswege, aber auch Projekte in kleineren Dimensionen, beispielsweise Hecken oder Wildblumenstreifen, können in Konzepte ökologischer Vernetzung eingebaut werden. So wird ein Netz aus verschiedenen Landschaftselementen geflochten, die Tiere in ihrem Jahres- oder Lebenszyklus benötigen. Dabei zentral bei der ökologischen Vernetzung ist, dass der funktionale Bezug zwischen Kerngebieten und Ausgleichsflächen sichergestellt ist (3).

Damit diese ökologische Vernetzung keine finanzielle Last wird, wird für dieses Bereitstellen der Ausgleichsflächen sowie deren Bewirtschaftung den Landwirten vom Bund eine Entschädigung zugesprochen. Das Prinzip der ökologische Vernetzung in der Schweiz versucht also, die negativen Folgen einseitiger Landwirtschaftsflächen für die lokale Biodiversität abzuschwächen, ohne dass dabei die teilnehmenden Landwirte zu grosse finanzielle Schäden davontragen.

Ökologische Vernetzung baut auf kleinen lokalen Schritten auf, weswegen sich solche Projekte besonders als Initiativen auf Gemeindeebenen eignen. Auch können zwischen den Gemeinden Kooperationen entstehen, die die Biodiversität der Region aufwerten. Als positives Beispiel dafür lässt sich das „Vernetzungsprojekt Gossau-Andwil-Gaiserwald“ nennen. Dieses Projekt zwischen den drei Gemeinden aus dem Kanton St. Gallen begann im Jahr 2006 und befindet sich mittlerweile in der dritten Projektperiode (2018-2025). Dass die Vernetzung der dortigen regionalen Biodiversitätsflächen ein Erfolg ist, liegt zum einen an der Arbeit der 130 teilnehmenden Landwirtschaftsbetriebe aus den drei Gemeinden, doch auch an Projekten wie der „Wildbienen-Aktion“, einer fünften Primarschulklasse aus Abtwil (Gemeinde Gaiserwald) (4). Dabei beteiligte sich die Schulklasse unter der Leitung des lokalen Försters und der Landwirte am Bau von „Wildbienenhotels“. Solche (quantitativ) kleine und begrenzte Aktionen vermögen allein wohl kaum einen signifikanten Einfluss auf die Biodiversität der Schweiz haben. Doch zeigen sie auf der tiefsten Verwaltungsebene, die der 2148 Schweizer Gemeinden, wie die Politik, die Landwirte und die partizipativen Bürgerinnen und Bürger lokal und regional zusammenwirken können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass falls diese Policy der ökologischen Vernetzung auf der Ebene der Gemeinden erfolgreich umgesetzt wird, grosse Flächen durch ein Gewebe von kleineren Naturräumen ökologisch aufgewertet und damit die Biodiversität der Schweiz verbessert werden können. Dazu bedarf es zum einen Direktiven und Anreize von den verschiedenen Stufen der Politik, von Bund bis zur Gemeinde, doch eben auch den Willen zur Mitgestaltung der lokalen Bevölkerung.


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(1) Bundesamt für Umwelt BAFU, «Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz».
Bundesamt für Umwelt BAFU. «Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz». Bern, 6. September 2017. www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/49619.pdf.

(2) Bundesamt für Umwelt BAFU, «Ein Lebensnetz für die Schweiz», 38.
«Ein Lebensnetz für die Schweiz». die umwelt. Bern, 2019.
issuu.com/bundesamt-fuer-umwelt-bafu/docs/ein-lebensnetz-fuer-die-schweiz.

(3) Tschander, Konzept Arten- und Lebensraumförderung, 87.
Manser, Adrian. «Wildbienen-Aktion des VP Gossau-Andwil-Gaiserwald». Zugegriffen 29. August 2022.
www.gossau24.ch/articles/72828-wildbienen-aktion-des-vp-gossau-andwil-gaiserwald.

(4) Manser, «Wildbienen-Aktion des VP Gossau-Andwil-Gaiserwald».
Tschander, Bettina. Konzept Arten- und Lebensraumförderung. 2. Aufl. Zürich: Grün Stadt Zürich, 2014.